Im Oktober 2018 hat das Münchner Traditionsunternehmen Knorr-Bremse einen erfolgreichen Einstand an der Frankfurter Börse gegeben. Heinz Hermann Thiele war 1986 bei dem damals angeschlagenen Unternehmen eingestiegen und hatte es zum Weltmarktführer bei Zug- und Lkw-Bremsen gemacht. Der Börsengang soll die Zukunft des Unternehmens nachhaltig sichern und die Nachfolge lösen.
Familienunternehmen und Börse – das ist kein Widerspruch, sondern eine chancenreiche Verbindung. Für viele hat sich die Kombination aus Offenheit gegenüber der Kapitalmarktfinanzierung und langfristiger unternehmerischer Orientierung bestens bewährt. Jahrelange Analysen des Credit Suisse Research Institute (CSRI) zeigen, dass Familienunternehmen tendenziell besser abschneiden als der breitere Markt. Diese überdurchschnittliche Wertentwicklung ist nicht nur auf eine bessere Finanzperformance zurückzuführen, sondern auch auf Faktoren wie ein langfristiger Geschäftsschwerpunkt und ein stärkerer Fokus auf Innovation. Als börsennotierte Familienunternehmen haben sie das Controlling und die Kommunikation mit ihren Stakeholdern professionalisiert und sind in der öffentlichen Wahrnehmung präsent.
Börsennotiz – eine gute Option?
Trotzdem gibt es Vorbehalte gegenüber dem Börsengang, gerade bei Familienunternehmen aus dem deutschen Mittelstand. Diese betreffen meistens den mit einer Börsennotierung einhergehenden Aufwand und die Transparenzanforderungen, die jedoch abhängig vom gewählten Börsensegment sind. Zudem befürchten Familienunternehmer häufig, dass sie mit einem Börsengang die Kontrolle über das Unternehmen verlieren. Das lässt sich aber zum Beispiel über die Strukturierung des IPO oder die Gestaltung der Satzung regeln.
Der deutsche Mittelstand lässt sich scheinbar nicht gerne in die Karten oder – anders gesagt – in die Bücher schauen. Denn Deutschland ist Weltmeister der „Hidden Champions“ mit über 1.000 dieser meist inhabergeführten und zum gehobenen Mittelstand gehörenden Unternehmen. Sie wirtschaften erfolgreich im Verborgenen und stehen dennoch vor den Herausforderungen, ihre innovativen Errungenschaften auf ein höheres Level zu hieven, weil es oftmals an der richtigen Selbstvermarktung, dem entsprechenden Netzwerk, Fachkräften oder auch den finanziellen Mitteln fehlt.
„Wir geben unsere langjährige Kapitalmarkterfahrung als Unternehmer und Manager börsennotierter Mittelständler jetzt an unsere Beteiligungsunternehmen weiter.“
Klaus Weinmann, langjähriger CEO und Mitgründer der CANCOM SE und heutiger PRIMEPULSE-CEO und Co-Founder, der die erfolgreichen Börsengänge der STEMMER IMAGING AG und der KATEK SE mit PRIMEPULSE als Ankeraktionärin begleitet hat und im Zugang zum Kapitalmarkt ein wichtiges Fundament des nachhaltigen Wachstumskurses sieht.
Chance IPO
Mehr Transparenz bringt Vorteile, gerade mit Blick auf den Wettbewerb um die besten Fachkräfte oder die Gewinnung eines externen Managements im Zuge der Nachfolgelösung wie bei Knorr-Bremse. Mit der Börsennotiz erhöht sich der Bekanntheitsgrad, Optionsprogramme und Mitarbeiterbeteiligungen sind leichter umsetzbar. Know-How und zusätzliche Expertise, die mit der Öffnung gegenüber dem Kapitalmarkt in das Unternehmen hineinkommen, tragen häufig zu einer weiteren Professionalisierung des Unternehmens bei. Hinzu kommt ein positiver Effekt bei öffentlichen Ausschreibungen. So kann die erhöhte Transparenz von börsennotierten Unternehmen gegen „non-public“ Mitbewerber über einen Zuschlag entscheiden.
Hauptbeweggrund für einen Börsengang ist sicherlich die Erschließung von zusätzlichen Finanzierungsquellen. Die Erhöhung des Eigenkapitals führt zu besseren Fremdkapitalkonditionen und insgesamt steigender Finanzkraft. Darüber hinaus sind über die Börse großvolumige Finanzierungen darstellbar. Und zwar nicht nur einmal, sondern wiederholend über Kapitalerhöhungen. Gerade für mittelständische Unternehmen kann dies in Zeiten dynamischer Veränderungen durch die Digitalisierung, Globalisierung und konsolidierende Märkte entscheidend sein, um die Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft zu sichern.
Fazit
Verfügt ein Unternehmen über eine spannende Wachstumsperspektive, einhergehend mit einem hohen Bedarf an Kapital und strategischer Flexibilität, sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen Börsengang gegeben. Er schafft für den Unternehmer Möglichkeiten für die Nachfolgeplanung, macht sein Familienunternehmen bekannter, steigert das Image sowie die Attraktivität als Arbeitgeber und erleichtert es ihm damit, hochqualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden.
Der Börsengang hat aber noch einen weiteren bedeutenden Aspekt. Mit der eigenen Aktie als Akquisitionswährung wäre es deutlich einfacher, bei der Marktkonsolidierung erfolgreich eine aktive Rolle zu spielen.
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