Wie läuft eine Tax Due Diligence ab und welcher Fokus ist wichtig?
Zunächst ist im Rahmen der Projektplanung zu beurteilen, welcher Fokus in welcher Phase gesetzt wird. Erfahrungsgemäß beschränkt sich im Rahmen der Vorprüfung, bei der i.d.R. noch kein bindendes Angebot abgegeben wurde, die Due Diligence zunächst schwerpunktmäßig auf die Financials. Sofern hier bereits steuerliche Sachverhalte mitgeprüft werden, bietet sich vorrangig ein Review der Legalstruktur (insbesondere die Beteiligungsverhältnisse, mögliche Organschaften und Sperrfristen) und ggf. die Zuständigkeiten von Mitarbeitern für bestimmte Steuerthemen an. Vorrangiges Ziel ist in dieser Phase, ein Gefühl für die zu erwerbende(n) Gesellschaft(en) zu bekommen. Auch aus Kostengründen werden oft erst im Rahmen der Confirmatory Due Diligence, deren Ergebnis ein bindendes Angebot und der Kaufvertrag ist, weitere steuerliche Informationen abgefragt.
Prozessual bietet sich für die Durchführung der Tax Due Diligence, analog der anderen Bereiche, die Arbeit mit Fragebögen und Datenräumen an. Sehr empfehlenswert ist es, Standardfragebögen vorab zu individualisieren und hier bereits Schwerpunkte zu definieren. Einerseits soll dadurch vermieden werden, dass der Due Diligence-Prozess durch zu viele (ggf. nicht wesentliche Informationen) in die Länge gezogen wird, andererseits sollen externe und interne Ressourcen in dem oft zeitkritischen Projekt risikoorientiert allokiert werden. Bei der Informationsabfrage ist auch zu berücksichtigen, welche strategischen Überlegungen bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen. Werden ausländische Einheiten mit erworben und ist ggf. strategisch geplant, Produktionskapazitäten im Ausland zu erhöhen, bietet sich ein Fokus der Due Diligence auf angewandte steuerliche Verrechnungspreismethoden und deren Skalierbarkeit im Lichte des Fremdvergleichs an. Regelmäßig wichtig ist aber auch, einen Überblick über die steuerliche Compliance des Targets zu bekommen, weshalb regelmäßig der Veranlagungsstatus, die Zuständigkeiten für laufende Steueranmeldungen und –erklärungen (Umsatzsteuer, Lohnsteuer) abgefragt werden.
In persönlichen Interviews, die sich auch in frühen Phasen anbieten, kann der erfahrene M&A Tax Manager oft auch schon beurteilen, welche weiteren Risiken ggf. vorherrschen und weitere Schwerpunkte setzen. Werden Deklarationspflichten ausgelagert, ist ein Review der Schnittstellen zu den externen Beratern sinnvoll, werden Themen inhouse bearbeitet, sollte man sich eher auf die fachlichen Qualifikationen der involvierten Mitarbeiter, Prozesse und Prozessanweisungen konzentrieren.
Wie werden die Ergebnisse der Tax Due Dilligence verarbeitet
Das Ergebnis einer Due Diligence wird regelmäßig in einem Bericht zusammengefasst. Die besten Erfahrungen wurden bei PRIMEPULSE mit sogenannten Ampelsystemen und deren Darstellung im Bericht gesammelt. Hierbei wird jedes Risiko verbal kurz beschrieben und bestmöglich quantifiziert und anschließend mit einer Farbe (rot = geringes Risiko, gelb = mittleres Risiko und rot = hohes Risiko) gekennzeichnet. Hierdurch können – wie nachfolgend erläutert – die kurzfristigen und mittel- bis langfristigen Erkenntnisse übersichtlich zusammengefasst und priorisiert werden.
Kurzfristig sollen die Erkenntnisse aus der Due Diligence für die Verhandlung der Steuerklauseln im Kaufvertrag genutzt werden, sie sollen aber auch Grundlage für die optimale Transaktionsstruktur (wer erwirbt was?) schaffen. Da oft Steuerfreistellungen vereinbart werden, ist wichtig, die freizustellenden Zeiträume aber auch mögliche risikobehaftete Steuerarten sowie die Steuerarten an sich genau zu definieren. Für den Fall, dass beispielsweise Risiken aus verdeckten Gewinnausschüttungen angenommen werden, ist eine Freistellung bis zum Stichtag oft nicht ausreichend und es müssen insbesondere auch Zeiträume bis zum Vollzugstag in die Steuerfreistellung aufgenommen werden.
Häufig finden sich in Standard-Kaufverträgen folgende Ausnahmen von der Steuerfreistellung: „Eine Freistellungsverpflichtung besteht nicht, wenn und soweit solche Steuerverbindlichkeiten das Ergebnis einer Restrukturierung oder anderer von der Käuferin oder einer Gruppengesellschaft nach dem Vollzugstag vorgenommenen Maßnahme sind“
Wenn im Zuge der Due Diligence festgestellt wird, dass das Verrechnungspreissystem umgestellt werden muss, damit es integrierbar oder skalierbar wird, sollte frühzeitig mit dem Verkäufer diskutiert werden, ob diese Maßnahme von der Standardformulierung ausgenommen werden kann. Bei einer Änderung der Transferpreisermittlung besteht nämlich das Risiko, dass die Finanzverwaltung im In- und Ausland die Fremdüblichkeit des bisherigen Systems anzweifeln könnte und es ist fraglich, ob die Umstellung des Systems nicht als schädliche Maßnahme im Sinne der oben genannten Klausel zu qualifizieren wäre und somit keinen Freistellungsanspruch begründet. Insofern ist es ratsam bei potenziell vorhersehbaren Diskussionspunkten den Auslegungsspielraum im Anteilskaufvertrag auf Basis der in der Due Diligence gesammelten Erkenntnisse so klein wie möglich zu halten.
Und noch ein Praktiker-Tipp am Rande: Mitteilungspflichten, z.B. über angekündigte Betriebsprüfungen für freigestellte Zeiträume, sind regelmäßig Bestandteil der Kaufverträge. Oft finden sich jedoch leider Formulierungen, dass Mitteilungen ausschließlich per Brief oder per Einschreiben erfolgen dürfen, was bei mehreren Adressaten oft zu einem hohen administrativen Aufwand führt. Um die oft zeitaufwendigen Mitteilungspflichten auch praktikabel umsetzen zu können, ist empfehlenswert, die einfache E-Mail Korrespondenz ebenfalls als zulässige Form mit aufzunehmen.
Mittel- bis langfristig sind die aus einer Due Diligence erlangten Informationen aber insbesondere für die anstehende Post-Merger-Integration wichtig. Hierzu zählen nicht nur steuerlich motivierte gestalterische Strukturüberlegungen (z.B. Begründung von Organschaften zur Nutzung steuerlicher Verlustvorträge, Optimierung von Quellensteuerbelastungen oder mögliche Debt-Push-Downs). Zusätzlich und als eigener Projektstrang muss einerseits ein Arbeitsplan mit Prioritäten erarbeitet werden, bei dem der interne und externe Ressourcenbedarf zu planen ist, andererseits muss man ggf. erkannte prozessuale Schwächen beheben, sodass interne und externe Schnittstellen zwischen Abteilungen oder zu externen Beratern optimiert, Schulungen zu steuerlich relevanten Themen angeboten oder auch Zuständigkeitswechsel frühzeitig bedacht und kommuniziert werden.
Und auch wenn es banal klingen mag: Unabdingbar ist auch die Definition eines Prozesses, wie Steuerklauseln überwacht und nachgehalten werden, denn es ist wenig zielführend, strenge Freistellungsklauseln im Anteilskaufvertrag zu definieren, wenn nach einer Betriebsprüfung vergessen wird, etwaige Mehrsteuern auch beim Verkäufer anzuzeigen und abzurechnen.
Quelle Titelbild: Aymanejed on Pixabay